Bonn. Das International Office. Drittes Semester. Ich will einfach nur 10€ für ein Seminar zahlen und ich merke, wie der Heilige Geist zu mir sagt, dass ich mich mal im Büro zu Auslandssemestern beraten lassen solle. Ich wandte direkt ein: „Ich will mein Studium in sechs Semestern machen – keine Zeit.“ – „Weißt du schon was du danach machen willst? Hast du einen Job in Aussicht oder warum rennst du so?“. Also war ich gehorsam und fragte nach Auslandssemestern. Von allen Unis, die mir im Ausland vorgestellt wurden, gab es eine, von der ich wusste, dass ich genau da hin möchte. Die Südstaaten in den USA, für mich ein großes Abenteuer und ein Traum dort mal in die Kulturen abzutauchen. Ich hatte die perfekten Voraussetzungen: ich spreche fließend Englisch, beschäftige mich mit Schwarzer Geschichte und war bereit, mich auf ein Abenteuer einzulassen. Nur ein Punkt brachte mich zum Nachdenken: MONEY, MONEY, MONEY.
Ich teilte es mit Freunden und sie bestätigten im gemeinsamen Gebet den Eindruck, dem nachzugehen und ich wurde genau für die Uni angenommen. Ich kratzte alles zusammen an Finanzen, was ich hatte und kam schon auf eine beachtliche Summe. 8.000€ waren für den Aufenthalt benötigt. Letztlich bekam ich von meiner Uni ein Stipendium von 1.000€ und bewarb mich bei einer Stiftung für ein Stipendium für den Auslandsaufenthalt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich deutschlandweit eine der acht Studenten sein würde, war sehr gering, aber ich sandte mein Motivationsschreiben in Glauben ein. UND… bekam das Stipendium, wodurch ich sechs Monate mit $550 monatlich unterstützt werden würde und noch mal extra $1.100 zum Reisen bekommen hätte. Für mich: ein Wunder! Ich war Gott unendlich dankbar!!! Mittlerweile hatte ich mit allen Zuschüssen ca. 7.000€ zusammen und es waren nur noch zwei Monate bis zum Semesterstart in den Südstaaten. Ich brauchte nur noch 1.000€, um das Visum zu beantragen und schließlich zu fliegen.
An einem Tag im Mai hatte ich echt zu kämpfen, daran festzuhalten, dass das Semester wahr werden würde. Es war ein sonniger, aber schrecklicher Tag. Ich öffnete den Briefkasten, in dem ein Newsletter der Stiftung drin war, die einen Artikel zu mir und meinem Auslandsaufenthalt veröffentlichten. Von allen acht Studenten wählten sie mich dafür aus, das Vorhaben ihren Mitgliedern vorzustellen. Meine Familie, Freunde und ich waren außer Rand und Band. Welch eine Ermutigung an diesem Tag! Die Zeit schritt weiter voran: Mittlerweile fehlten noch ca. 730€, die Abschiedsfeier mit meinen Freunden in Bonn war schon gefeiert, mein Zimmer untervermietet und der Nebenjob gekündigt. Es waren noch zwei Wochen bis zum Semesterstart in den USA und plötzlich bekam ich die Absage der Uni aus den Staaten, weil das Visum noch nicht ausgestellt wurde. Ich war fertig. Ich konnte drei Tage mit niemanden sprechen. Ich beschloss am Ende der Woche nach Köln zu fahren, um an einer Stadtführung teilzunehmen und auf andere Gedanken zu kommen.
Die Stadt gefiel mir schon immer gut. Spontan besuchte ich ein befreundetes Ehepaar, die dort wohnten. Auf dem Weg zu ihnen beschloss ich kurzer Hand nach Köln zu ziehen – ich hatte eh nichts zu verlieren. Ich fragte sie, ob sie Leute kennen, bei denen ich unterkommen kann und innerhalb von drei Tagen hatte ich eine Untermiete gefunden. Dann, zwei Wochen nach der Absage, zog ich nach Köln: gebrochen, sensibel, ich hatte viel über Glauben gelernt und war dennoch verbittert und sauer auf Gott…
WIESO schickt er mich in dieses ver****te Büro und lässt mich nach Auslandaufenthalten fragen?
WIESO schenkte er mir Bestätigung durch Gebet und das Gebet anderer?
WIESO? WIESO? UND WESHALB KLAPPT ES AM ENDE NICHT? Ich war so sauer auf Ihn!!! Unsere Beziehung hatte trotzdem eine unglaubliche Tiefe erreicht. Hier in Köln angekommen, war ich dankbar erstmal eine Gemeinde gefunden zu haben, wo ich mir vorstellen konnte, Wurzeln zu schlagen. Durch meinen Dienst dort fand ich Freunde. Nach fast einem halben Jahr in Köln fand ich auch endlich ein dauerhaftes Zuhause – eine wunderbare WG! Das erste Mal, seitdem ich von meinem Elternhaus ausgezogen war, traute ich mich eine neue Stadt, mein „zu Hause“ zu nennen. Die Freundschaften vertieften sich und das erste Mal fühlte ich „angekommen zu sein“ und nicht mehr fehl am Platz.
Februar 2021. Ich habe ein sicheres Umfeld geschenkt bekommen, ein Glauben, der authentisch ist, weil ich mit Gott Beziehung LEBE. Wir lieben uns und können auch miteinander „streiten“, aber wir haben eine Freundschaft, Ehrlichkeit miteinander, eine Leidenschaft und Tiefe füreinander, von der ich nicht dachte, dass so etwas mit Gott möglich sei.
Ich glaube, ich wäre nie nach Köln gezogen, hätte nie diese Beziehungen gefunden und hätte nie so einen Glauben bekommen, wenn diese Story nicht passiert wäre. Es hat zwei Jahre gebraucht, bis ich von der Enttäuschung geheilt war und trotzdem verstehe ich bis heute nicht, warum es ausgerechnet diesen Verlauf nehmen musste. Aber was ich weiß, ist, dass es sich immer auszahlt, Jesus zu folgen, auch wenn man eigene Pläne hat oder man geht, aber nicht versteht und eventuell am Ende sogar Enttäuschung und Pein erfährt. Es ist alles ein Prozess und diese Prozesse formen Dinge in uns, die eine Standhaftigkeit und Schätze in uns hervorbringen, die uns nie wieder entrissen werden können. Von außen sah mein Leben nicht herrlich aus. Im Gegenteil. Es sah chaotisch aus, aber in mir wurde mir Seine Herrlichkeit zu Teil, von der nun andere Menschen die Früchte schmecken können.
Letztlich geht es doch nicht um mich, sondern um Ihn und das Er andere Menschen durch mich erreichen will.
Selah. Wendy Abena Nyamekyɛ
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